Nachtflugverbot - Der Wert der nächtlichen Ruhe - KStA-Kommentar vom 06.09.2012

Der Stopp des Nachtflugverbots zeigt, dass die Flughafen-Lobby in Berlin das letzte Wort hat. Es wird noch dauern, bis der Wert der Ruhe nicht mehr gegen die Profite einiger Unternehmen ausgespielt wird. Ein Kommentar von Johannes Schmitz

Rhein-Sieg-Kreis.
Es ist bis jetzt kein gutes Jahr für die Menschen der Region rund um Köln, die unter nächtlichem Fluglärm leiden. Bis zu 400 000 sollen es sein. Nachdem die Städte Siegburg, Hennef und Lohmar im Mai vor dem NRW-Verwaltungsgericht gescheitert sind, muss nun die Landesregierung zum wiederholten Mal erkennen, dass die Flughafen-Lobby in Berlin das letzte Wort hat.

Es fällt schwer, derzeit die Hoffnung zu wahren, dass doch noch der gesunde Menschenverstand siegen könnte. Denn mehr braucht man eigentlich nicht, um zu erkennen, dass gravierender Krach mitten in der Nacht Menschen über Jahre hinweg ernsthaft krank machen kann - lebensverkürzend krank, wie der Epidemiologe Eberhard Greiser festgestellt hat.

Alles deutet darauf hin, dass nur das Bundesverfassungsgericht den Menschen an Rhein und Sieg wird Erleichterung verschaffen können. Doch bis in Karlsruhe die Richter ihr Urteil verkünden könnten, dürften weitere Jahre ins Land gehen - wenn es überhaupt je dazu kommt. Genau das aber wollen Siegburg, Lohmar, Hennef und andere Städte erreichen. Denn formaljuristisch ist der totalen Nachtflugerlaubnis am Flughafen Köln-Bonn offenbar nicht beizukommen. Vom Bundesverfassungsgericht aber erwarten viele Menschen die ganz konkrete Gegenüberstellung der Rechte jener, die Geld mit dem Krach verdienen, und derer, die unter diesem Krach zu leiden haben.

Dass die Kanzlerin sich nicht zu dem Thema äußern würde, war zu erwarten. Trotzdem bleibt Ramsauer ihr Minister und seine Entscheidung gegen die Nachtruhe ist damit auch ihre Entscheidung. Die nächste Bundestagswahl wird vielleicht darüber entscheiden, ob es mehr Ruhe in den Nächten der Region gibt. CDU und FDP in Berlin wollen mit einer Novellierung des Luftverkehrsgesetzes den Anspruch auf die Nachtruhe weiter aushöhlen. Mit den Grünen wäre das wohl nicht zu machen.

Dass Lärm massiv der Lebensqualität und der Gesundheit schaden kann, wird in Zukunft immer mehr ins Bewusstsein der Bevölkerung rücken. Doch es wird dauern, bis der Wert der Ruhe nicht mehr gegen die Profite einiger Unternehmen ausgespielt wird.

Die Politik in Berlin wird erst dann in diesem Sinne handeln, wenn sich mit dem Thema Lärm Wahlen gewinnen lassen. So weit sind wir aber noch nicht.

Noch immer glauben viele Menschen dem Mantra der Lobbyisten, ohne Nachtflüge würde die Region wirtschaftlichen Schaden nehmen. Allein für Teile des Rhein-Sieg-Kreises lässt sich leicht darstellen, dass das so nicht stimmt. Denn ohne Nachtfluglärm wären zum Beispiel Siegburg, Lohmar und Hennef noch viel attraktivere Wohnorte. Die Grundstücke würden im Wert steigen. Und die Region wäre noch attraktiver für Menschen die etwas ganz Wertvolles suchen: Ruhe.