EHRENORDNUNG - Nicht jedes Ratsmitglied will gläsern sein
KStA vom 23.05.2013
Während man in Bergisch Gladbach keine Probleme mit privaten Angaben hat, wird das Problem in Rösrath vertagt
Rhein-Berg. So ein Bürgermeister hat schon eine besondere Stellung. Er muss nicht nur jeden Winkel seiner Stadt kennen, er hat auch einen gewissen Einblick in die Vermögensverhältnisse der Ratsmitglieder - jedenfalls in Bergisch Gladbach. Die Kreisstadt hat seit dem Jahr 2006 eine Ehrenordnung, in der jedes Ratsmitglied Auskunft geben muss über seine persönlichen Verhältnisse.
Warum das hier erwähnt wird? Nun, weil die Stadt Rösrath zum Beispiel sich außerordentlich schwer tut, eine solche Ehrenordnung zu beschließen. "Sehr intim" seien die Fragen, hieß es jüngst während einer Ratssitzung. Andere Wortmeldungen berichteten von "Problemen", die Fragen zu beantworten.
Die Ehrenordnung, die in Rösrath zur Debatte steht und erst einmal vertagt wurde, entspringt einem Vorschlag des Städte- und Gemeindebundes. Der empfiehlt Ratsmitgliedern eine größtmögliche Offenheit, um dem weit verbreiteten Vorurteil entgegen zu wirken, viele Kommunalpolitiker würden ihr Mandat nutzen, um ihr eigenes Süppchen kochen.
Bergisch Gladbach macht seit sieben Jahren vor, wie so etwas aussehen kann. Jedes Ratsmitglied muss nicht nur Familienstand, Anschrift und berufliche Tätigkeit angeben, sondern auch Auskunft geben über: Beraterverträge mit und ohne Entlohnung, Mitgliedschaft in Aufsichtsräten oder in Organen privatrechtlicher Unternehmen, Funktionen in Vereinen und sogar über Grundvermögen innerhalb des Stadtgebietes. Der private Kontostand bleibt allerdings tabu.
Die meisten dieser Angaben stellt die Stadt sogar ins Internet. Ausgenommen sind lediglich Angaben über den Namen des Ehegatten und der Kinder sowie die Grundvermögenswerte. Da ist dann doch der Datenschutz wichtiger. Auskunftspflichtig ist jedes Ratsmitglied unmittelbar nach Übernahme des Mandats. Spätere Änderungen sind mitzuteilen.
Diese konsequente Offenlage soll verhindern, dass Kommunalpolitiker Interessen verquicken, etwa wenn neue Baugebiete beschlossen werden, auf denen sie selbst ein Grundstück haben. Auch der Bürgermeister muss Auskunft erteilen. So ist zum Beispiel über Lutz Urbach öffentlich zu lesen, in welchen Aufsichts- und Verwaltungsräten er sitzt. Die Sitzungsgelder, die er dort bekommt, belaufen sich seinen Angaben zufolge auf weniger als 1200 Euro im Jahr. Höhere Einnahmen müsste er genau aufschlüsseln.
In Rösrath liegt das Thema nun erst einmal auf Eis. "Man fragt Dinge ab, die sehr intim sind", hatte zum Beispiel Dieter Thorwart von der CDU eingewandt. Thorsten Kropp (FDP) äußerte "ernsthafte Probleme" mit Angaben zu den eigenen Kindern. Andere Sprecher wie Wolfgang Büscher (CDU) fanden den vorgeschlagenen Ehrenkodex dagegen "vollkommen in Ordnung". Dennoch stimmte eine große Mehrheit für die Vertagung.
Rechtlich ist das zulässig, denn die Ehrenordnung ist eine freiwillige Geschichte. Zwingend vorgeschrieben sind hingegen Angaben, die das Korruptionsbekämpfungsgesetz verlangt, dem sich zum Beispiel die Mitglieder des Kreistages unterworfen haben. Im öffentlich zugänglichen Teil des Fragebogens wird auch dort nach Beruf, dienstlicher Stellung, Arbeitgeber und Mitgliedschaften geforscht. Und nach Beraterverträgen. Lediglich zwei Abgeordnete geben an, dass sie einen haben.
Kommentar
Zur Debatte über die Ehrenordnung der Räte - Vertagen ist keine Lösung
MALTE.EWERT@MDS.DE
Zugegeben: Fragen nach privatem Grundvermögen und bezahlter Beratertätigkeit sind sehr persönlich. Aber Kommunalpolitiker müssen sich gefallen lassen, dass man von ihnen Antworten darauf haben will. Zumindest der Bürgermeister sollte wissen, wo eventuell offene Wunden sind. Denn er muss dafür gerade stehen, dass Ratsbeschlüsse ohne Interessenkollision zustande kommen. Grundstücksgeschäfte und Auftragsvergaben sind in Stadt- und Gemeinderäten an der Tagesordnung.
Dass es dem Rösrather Rat nun schwer fällt, für sich eine Ehrenordnung zu beschließen, muss nicht zwangsläufig heißen, dass die Mitglieder etwas zu verbergen haben. Aber sie verhindern nicht, dass der Eindruck entsteht, es könnte doch so sein. Das ist schlimm genug. In Bergisch Gladbach und in vielen anderen Städten ist eine Ehrenordnung mit all ihren "delikaten Fragen" (Zitat aus Rösrath) schon vor Jahren geräuschlos beschlossen worden. Natürlich bleibt zu hoffen, dass die Antworten ehrlich sind. Aber ein derartiges Thema erst zu zerreden und dann zu vertagen macht wahrlich keinen guten Eindruck.