Nachtflug-Gegner: Anwohner sollen Druck machen - Bergische Landeszeitung vom 22.03.2012
Zum Abschluss machte Eberhard Greiser den über 100 Zuhörern Mut: „Die Chancen, etwas gegen Fluglärm zu erreichen, waren noch nie so gut!“ Zur Veranstaltung „Risikofaktor nächtlicher Fluglärm“ hatte das Bündnis gegen Fluglärm in den Bürgersaal eingeladen.
Rund 100 Besucher nahmen an der Fluglärm-Veranstaltung im Bürgerforum teil.
RÖSRATH - Zum Abschluss machte Eberhard Greiser den über 100 Zuhörern Mut: „Die Chancen, etwas gegen Fluglärm zu erreichen, waren noch nie so gut!“ Zur Veranstaltung „Risikofaktor nächtlicher Fluglärm“ hatte das Bündnis gegen Fluglärm in den Bürgersaal eingeladen.
Die Initiatoren Dr. Heiner Mersmann und Klaus Hasbron-Blume konnten dafür Helmut Breidenbach, Vorsitzender der Vereinigung gegen Fluglärm, Klaus Stich, CDU-Ratsherr in Siegburg und Vorsitzender der Fluglärmkommission, sowie Horst Becker (Grüne), bis vor kurzem NRW-Verkehrsstaatssekretär, gewinnen.
Zum Auftakt berichtete Epidemiologe Greiser („Wir kümmern uns um die Krankheiten der Bevölkerung“) über seine Forschungen. Sein Fazit: Es gebe ein deutliches Risiko lärmgeplagter Menschen, Herz-Kreislauf-Erkrankungen zu erleiden. Er konnte dazu Daten von einer Million Krankenkassen-Versicherten aus Köln, den Kreisen Rhein-Berg und Rhein-Sieg auswerten.
Greiser kann auf zwei weitere internationale Studien verweisen. Alle kommen zu einem Schluss: „Fluglärm erhöht den Blutdruck, führt zu Stress.“ Und: „Je mehr Fluglärm, desto höheres Risiko besteht, an Herzinfarkt zu sterben.“ Sein Vergleich: Durch Passivrauchen steige das Risiko, an Lungenkrebs zu erkranken, um 20 Prozent, bei Lärm steige das Risiko für Herz-Kreislauf-Erkrankungen dagegen um 50 Prozent.
Alles deute darauf hin, dass es „einen ursächlichen Zusammenhang zwischen Lärm und Krankheiten gibt“. Selbst für Psychosen sei das so, bei Krebserkrankungen gebe es Indizien, hier gebe es Forschungsbedarf. Der Professor wagte eine düstere Prognose: Durch Fluglärm sei in den nächsten zehn Jahren mit 6300 zusätzlichen Herz-Kreislauf-Erkrankungen („eine Kleinstadt“) und 750 Verstorbenen rund um den Flughafen zu rechnen, die Kosten für alle Versicherten dafür bezifferte er auf rund 250 Millionen Euro.
Dass in Köln/Bonn der Lärm aber deutlich verringert werden könne, darauf machten die Experten aufmerksam. Zwar gebe es eine Verlängerung des Frachtfluges bis 2030, die rechtlich bindend sei. Doch damit einher gehen sollte das Verbot nächtlicher Passagierflüge. Dies müsse jetzt umgesetzt werden, so Ex-Staatssekretär Becker. Er forderte für Frachtflugzeuge nicht nur einen „Bonus“ für leisere Flugzeuge, sondern einen „Malus“ für die Carrier, die laute Maschinen einsetzten.
Auf Einwände aus dem Publikum, das Verbot von Passagierflügen reiche nicht, wurde darauf verwiesen, dass es im Jahr rund 5600 dieser Flüge gebe. Becker sieht jedenfalls keine Chance für einen Beschluss im Landtag zum Verbot nächtlicher Frachtflüge. Und auf die Lärmschutzkommission sollten die Bürger nicht hoffen sie sei ein „zahnloser Tiger“. Sagte der Vorsitzende Klaus Stich. So habe der damalige Minister Oliver Wittke (CDU) sie nicht einmal angehört, als es um Verlängerung der Frachtflüge ging.
Hoffnung setzt Stich auf den 19. April: Dann steht die Entscheidung vor dem OVG Münster über die Siegburger Klage (der sich Rösrath und Bergisch Gladbach angeschlossen haben) an. Falls diese abgewiesen werde, weil Kommunen nicht „Betroffene“ sein können, gebe es eine gleichlautende Klage einer Bürgerin. Auf schnelle Abhilfe dürfen Lärmgeplagte nicht hoffen, es dürfte Jahre dauern.
Doch wenn Gerichte die Erkenntnisse Greisers akzeptierten, könne es Klagen vor dem Verfassungsgericht wegen Verstoßes gegen das Grundrecht der „körperlichen Unversehrtheit“ geben. Bis dahin müssten die Betroffenen „Druck machen“, „beharrlich bleiben“, forderten Initiator Mersmann und Ex-Staatssekretär Becker zum Abschluss im Bürgerforum die Anwesenden zur Teilnahme an der Anti-Fluglärm-Demo am Samstag dieser Woche im Köln/Bonner Flughafen auf.