Kritik an Nachtflugentscheidung - KStA Rhein-Sieg vom 05.09.12
Große Missbilligung haben die Aussagen von Peter Ramsauer zum Nachtflugverbot für Passagiermaschinen im Kreis hervorgerufen. Besonders CDU-Politiker üben scharfe Kritik an der Entscheidung von Bundesverkehrsminister. Von unserer Redaktion
Rhein-Sieg-Kreis.
„Ich bin sehr enttäuscht.“ Mit diesen Worten reagierte die Siegburger Bundestagsabgeordnete Elisabeth Winkelmeier-Becker (CDU) auf die Entscheidung von Bundesverkehrsminister Peter Ramsauer, dem geplanten Nachtflugverbot für Passagiermaschinen am Flughafen Köln/Bonn einen Riegel vorzuschieben. Der Minister, so Winkelmeier-Becker, habe „völlig ohne Not“ und gegen den Willen der Bevölkerung eine Entscheidung verkündet, die er ebenso gut der Landesregierung hätte überlassen können. Auch politisch halte sie dies nicht für klug, denn damit bleibe der rot-grünen Landesregierung womöglich eine unbequeme Entscheidung erspart.
Winkelmeier-Becker forderte die Düsseldorfer Koalition denn auch auf, den juristischen Akt des Nachtflugverbotes für Passgiermaschinen unabhängig von Ramsauers Aussagen erst einmal zu vollziehen. Erst dann werde sich herausstellen, ob Berlin auch wirklich zu seinen Worten stehe.
Nur ein kleiner Teil des Problems
Außerdem erklärte sie, dass den Mitgliedern der Flughafengremien auch die Durchsetzung von Selbstbeschränkungen möglich sei, wenn diese denn wirklich gewollt sind: „Das muss man sich ja nicht erst vom Ministerium verbieten lassen.“ Auch wenn die Passagierflüge im Zeitraum von 0 bis 5 Uhr nur ein kleiner Teil des Problems seien, so hätte ein Verbot doch ein Zeichen gesetzt, in welche Richtung es gehe.
Der Vorsitzende der Fluglärmkommission, Klaus Stich, sprach derweil unverblümt von „einer Katastrophe.“ Wenn das Nachtflugverbot für Passagiermaschinen nun gestoppt werde, bleibe den Lärmgegnern keine Chance mehr, das Leiden der Anwohner zu lindern. „Deswegen nehme ich das mit einem hohen Maß an Verbitterung zur Kenntnis“, so Stich, der für die CDU im Siegburger Stadtrat sitzt. Besonders schmerze ihn, dass die rot-grüne Landesregierung die Durchsetzung der Beschränkung versucht hat, und „dass das nun von meiner eigenen CDU zunichte gemacht wird.“
Landtagsabgeordneter Achim Tüttenberg (SPD) erklärte, er habe mit NRW-Verkehrsminister Michael Groschek gesprochen: „Wir werden prüfen, ob die Entscheidung aus Berlin überhaupt erlassen werden kann. Das darf nicht das letzte Wort gewesen sein.“ Parallel dazu werde man versuchen, mit Flughafen und Airlines zu sprechen, um „besondere Krachmacher aus dem nächtlichen Betrieb rauszunehmen.“
Siegburgs Bürgermeister Franz Huhn (CDU), der sich auf einer Dienstreise im Ausland befindet, zeigte sich erbost: „Es ist erschreckend, wie wenig der Schutz der Gesundheit der Bevölkerung die entscheidende Rolle in den Köpfen der verantwortlichen Politiker spielt.“ Trotz der Niederlage bleiben Politiker und Vertreter von Lärmschutzinitiativen aus dem Kreis kämpferisch. Hennefs Bürgermeister Klaus Pipke (CDU) bekräftigte, weiterhin für ein Nachtflugverbot eintreten zu wollen: „Wir werden in allen für uns zugänglichen Gremien und auf allen politischen Ebenen für ein echtes Nachtflugverbot kämpfen. Das Ziel bleibt eine Kernruhezeit für den Passagier- und den Frachtflugverkehr von 22 bis 6 Uhr.“
Kritik an Ramsauer
Die Kreistagsfraktion der Grünen reagierte mit „großer Verärgerung“ auf die Nachrichten aus Berlin. Der stellvertretende Fraktionschef Ingo Steiner sagte: „Der Verdacht liegt nahe: Ramsauer könnte, will aber nicht.“ Wolfgang Hoffmann, stellvertretender Vorsitzender der Lärmschutzgemeinschaft Flughafen Köln/Bonn, kritisierte den Verkehrsminister persönlich: „Das ist eine Riesen-Sauerei von Ramsauer! Warum werden wir in Köln-Bonn anders behandelt als die Flughafen-Anwohner in Leipzig?“ Dort sei die Lärm-Situation fast genauso gelagert: „Wie bei uns gibt es in Leipzig viele Frachtflüge nachts.“ Doch während es dort heiße, wegen der Frachtflüge können man den Leuten nicht auch noch die nächtlichen Passagierflüge zumuten, sei das hier offenbar möglich. Hoffmann fragte: „Was ist das für ein Rechtsverständnis?“ Helmut Schumacher, Vorsitzender des Ortsverbandes Hennef der Lärmschutzgemeinschaft, ging noch weiter: „Es bestätigt sich leider aufs Neue, dass sich das Berliner Verkehrsministerium, besonders unter CDU/CSU-Führung, als Steigbügelhalter der Flugbe-triebslobby ins Zeug legt.“ Er erinnerte daran, dass der Nachtflug für Passagierflugzeuge in der geltenden Nachtflugregelung von 1997 ausdrücklich vom Bestandsschutz ausgenommen ist. Er hofft nun, dass die Landesregierung den Klageweg beschreitet, glaubt aber auch, dass das lange Zeit in Anspruch nehmen wird: „Wir sind um Jahre zurückgeworfen.“