Prozess am Oberverwaltungsgericht: Städte klagen gegen Nachtfluglärm
Am Oberverwaltungsgericht in Münster wird am Donnerstag (19.04.2012) darüber verhandelt, ob für den Flughafen Köln/Bonn ein Nachtflugverbot gelten muss. Kläger sind die Städte Lohmar und Siegburg. Dabei geht es nicht nur um Passagierflüge, die auch die Landesregierung verbieten will, sondern auch um Starts und Landungen von Frachtmaschinen.
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Lohmar und Siegburg klagen gegen Nachtflüge in Köln/Bonn
Insgesamt vier Klagen haben die Städte Lohmar und Siegburg sowie eine Privatperson gegen das Land NRW erhoben. Sie fordern ein generelles Nachtflugverbot für den Köln-Bonner Flughafen in der Zeit zwischen 22 Uhr abends und 6 Uhr morgens. In ihren Klagen argumentieren die Kommunen mit zwei Hauptargumenten, erklärt Rechtsbeauftragte Christina Hahne von der Stadt Lohmar. Zum einen bringe der Lärm eine "subjektive Rechtsverletzung" mit sich: Für Bereiche, in denen der Fluglärm besonders stark ist, muss die Kommune Bauverbote aussprechen, "damit sind wir in unseren Planungsmöglichkeiten deutlich eingeschränkt". Zum anderen verweist die Stadt auf die gesundheitlichen Risiken, die der ständige Lärm für die betroffenen Bewohner darstellt. "Zahlreiche Studien belegen das mittlerweile", sagt Hahne.
90 Starts und Landungen pro Nacht
Flughafen Köln/Bonn: 56 Flüge zwischen 0 und 5 Uhr
Dass das NRW-Kabinett gerade zwei Tage vor der Urteilsverkündung beschlossen hat, zumindest die nächtlichen Passagierflüge von und nach Köln/Bonn zu verbieten, habe erst mal keinen Einfluss auf die Klage der Stadt, sagt Hahne: "Noch ist die Entscheidung der Landesregierung nicht in trockenen Tüchern." Abgesehen davon betreffe das geplante Verbot nicht die weitaus zahlreicheren und vor allem viel lauteren Frachtflüge. Nach Angaben des Flughafens Köln/Bonn starten und landen dort jede Nacht zwischen 23 und 6 Uhr rund 90 Flugzeuge, etwa zwei Drittel davon sind Frachtmaschinen. In der sogenannten Kernzeit von Mitternacht bis 5 Uhr morgens seien es rund 56 Flüge, sagt Flughafensprecherin Anja van Melis.
Nachtflug-Verlängerung bis 2030 "unsinnig"
Die Stadt Siegburg will mit ihrer Klage außerdem einen Beschluss aus dem Jahr 2008 anfechten, mit dem eine Verlängerung der Genehmigung für Nachtflüge bis zum 31. Oktober 2030 festgelegt worden war. "Das war verfrüht und unsinnig", sagt Stadtsprecher Wolfgang Hohn, inzwischen hätten sich die Probleme um den nächtlichen Lärm deutlich verschärft. Siegburg beantrage außerdem ein vollständiges Nachtflugverbot von 22 Uhr bis 6 Uhr früh. "Hilfsweise" würde sich die Stadt auch auf eine Kernruhezeit von 23 Uhr bis 5 Uhr einlassen, sagt Hohn. Unterstützt werde Siegburg in seinen Forderungen von den Nachbarstädten Bergisch Gladbach, Hennef, Rösrath und Asbach. Die private Klage eines Siegburger Bürgers beziehe sich auf die gesundheitlichen Gefahren durch den Flugzeuglärm.
Initiative fordert leisere Maschinen
Im Durchschnitt alle vier Minuten donnert in der Hochzeit zwischen 3 und 5 Uhr morgens ein Flugzeug über das Haus von Wolfgang Hoffmann in Heumar. Hoffmann ist Sprecher der Lärmschutzgemeinschaft Flughafen Köln/Bonn, seit 1970 wohnt er in der unmittelbaren Einflugschneise des Flughafens. An seinem Haus befindet sich eines der Dezibel-Messgeräte, die der Deutsche Fluglärmdienst rund um die größeren Flughäfen in Deutschland installiert hat, um die aktuellen Lärmwerte zu messen. "Der Frachtverkehr ist ein wichtiger Wirtschaftsfaktor für den Flughafen, das ist uns klar", sagt Hoffmann, "aber die Frachtflüge müssen aus der Kernnacht raus". Und die Fluggesellschaften, so die Forderung seiner Initiative, sollten verpflichtet werden, leisere Maschinen einzusetzen.
Die Chancen, dass das Gerichtsurteil positiv für die Kläger ausfällt, seien gar nicht mal so schlecht, schätzt Hoffmann, "die Rechtssprechung zum Thema Nachtflug bewegt sich seit einigen Jahren deutlich auf die Betroffenen zu". Dass ständige Lärmbelastung gesundheitsschädigend sein kann, sei inzwischen allgemein anerkannt. "Ich hoffe, dass das auch die Richter in Münster so sehen."